Kapitel IX.
Erneut auf der Erde

    Wieder fing mir das „Alltagsleben“ an. Ich fühlte diese Tage so aus, daß ich Frau L. in verschiedenen Konzentrationen üben ließ, wobei ich ihr folgte. Ich lehrte sie, daß ihr „Geist“ ihren Körper nicht vorlaufen darf, wenn sie sich an etwas erinnerte und dorthin physisch ging. Ebenfalls schnitt ich ihre Betrachtungen ab und fuhr sie dazu, sofort die Erkenntnis zu vergessen, die in ihrem Gemüt auftauchte infolge Konzentration oder Meditation. Ich belehrte sie über Methoden von Entsagung der Welt und über die Einstellung der Seelentätigkeit. Hierdurch bereitete ich sie für den weiteren Weg vor, auf welchem sie die Zügel ihres Lebens wieder in ihre Hände nehmen sollte.

    Damals fuhr sie ins Bad, und auch ich bekam dieses Bad zugewiesen. Das begriff ich als eine Gelegenheit, einen Fortschritt spezieller Art zu erzwingen. Sie war darauf meiner Meinung nach gut vorbereitet, denn sie war im Kurort schon vier Wochen vor meiner Ankunft.

    Ich sehnte danach, ihre Entwicklung unter meiner Führung abzuschließen und fand keine bessere Weise, als zu versuchen, aus ihrem Körper die tierische Wärme zu vertreiben. Aber ihre Familie sollte zu Besuch kommen, und außerdem nahmen mir die Formalitäten und andere Kleinigkeiten etwas Zeit in Anspruch, so daß ich für die ganze Arbeit nur zwei Tage vorhanden hatte. Das war für solche Aufgabe zu wenig sogar bei den Kenntnissen, die ich hatte. Ich brauchte nach meiner Ansicht mindestens vier bis fünf Tage, und so war ich durch den Besuch ihrer Familie angewidert. Trotzdem versprach ich Frau L. beim ersten Gespräch eine Hilfe, wie immer sich die Verhältnisse entwickeln werden.

    Zuerst widmete ich mich ihrer Konzentration. Ich belehrte sie über Ströme, die unter Konzentrationen auftauchten, aber über einen von denen wollte ich nicht sprechen. Sie machte mich auf diesen aufmerksam durch eine direkte Anfrage, aber ich zögerte mit der Antwort. Als sie endlich zu ahnen begann, um welchen Strom es geht, sagte ich unverfänglich, daß es die Leidenschaft ist.

    Es schlug ein. Vor ihr begann eine unlösbare Situation aufzutauchen, aber ich lachte. Daraus schloss sie, sie habe doch nur eine Hoffnung.

    Ich war mir jedoch mit allem sicher, was ihren geistigen Zustand betraf. Die Leidenschaft ist nämlich ein Problem für jeden Menschen, der es mit der Umgestaltung von sich selbst ernst meint. Dann dachte ich daran, es wäre am besten, ihr auf eine andere Weise zu helfen. Ich errechnete genau die Reaktion, und schließlich entschied ich mich, irgendwo vor dem Hotel ihr die Wange zu streicheln.

    Etwas erschütterte sie, und vor ihren Augen erschien die schwarze Zukunft. Damals nahte sich schon jedoch der Abfahrtstag, sowohl für mich, als auch für sie und ihre Tochter, und so, ob sie wollte oder nicht, ging sie deprimiert in das „Zivilleben“.

    Für mich änderte sich nichts. Ich dachte an die inneren Probleme verknüpft mit den Realisationen und an die Schatten der unschönen Zukunft, und dabei widmete ich mich Frau L. Endlich hielt ich sie für vorbereitet, und deshalb entschloss ich mich für einen radikalen Eingriff.

    Ich ergriff sie irgendwo auf der geistlichen Ebene und setzte sie unter die Götter hin. „Sie braucht das Wesen zu reinigen,“ schloss ich.

    Anders reagierten die Götter.

    „Sie stinkt,“ widersprachen sie.

    Da es mir jedoch eine weitere Arbeit auftauchte, äußerte ich den Wunsch, daß sie dort bleibt, sehr eindringlich. Und da lief ich wieder die Feuer in der Ursachenwelt löschen; für so schlimm hielt ich die Situation.

    Nach einigen Tagen, als ich schloss, daß sie bereits durch die Einwirkung der Devaswelt gereinigt sein könnte, holte ich sie. Auf meine Frage, was nun, antworteten die Götter, sie sei ihnen angenehm, und ich solle sie dort lassen. Aber da nahm ich sie schon bei der Hand und führte sie aus der Sphäre der Götter ab, dorthin, wo es nötig ist, etwas aus dem höheren Yoga zu tun.

    Ich selbst war zu jener Zeit in einer helleren Lichtspannung, häufig besuchte ich himmlische Sphären und stabilisierte das Licht dieser Sphären hier auf der Erde in Rissen der Dunkelheit. Dabei war ich stets am Rande des physischen Todes, in dessen Arme ich nicht ohne Widerstand fallen wollte, was man als „sich gerade halten“ qualifizieren kann. Und da geschah es, daß bei einer Reise, wo sich eine Ansicht über ein Tal auf die Hügel erschloss, richteten sich endlose Scharen von weißen Geistern senkrecht auf dem Horizont der Erde auf. Endlich gelang es mir auch diese Situation einer Lösung zuzuführen, und dann konnte ich mich den Spannungen widmen.

    Sonst beachtete ich jedoch die Sachen um mich nicht besonders. Darum kam es dazu, daß es mir entging, in welchen Seelenzuständen sich meine Ehefrau befand, die infolge dessen, daß sich in diese Realisationsvorgänge eingemischt hatte, diese sämtlichen Spannungen empfing.

    Als ich anfing das alles zu achten, musste ich schnell überlegen, wie ich diese neue und sehr komplizierte Situation lösen soll. Ich zog alle persönlichen und überpersönlichen Faktoren in Betracht und lag ihr die ganze Sache dar. Sie war jedoch schwach, dem „Lebenswagen“ eine neue Richtung zu erteilen. Und ich befand mich hingegen in einer Klemme...

    Vor mir hatte ich einen Menschen, der schon vor sieben Jahren irrsinnig geworden war, und ich behielt im Sinne, daß wieder nur ich ihm helfen könnte. Gleichzeitig hatte ich im mystischen Kurs auch einen anderen Menschen, von dessen Realisation ich bedeutsame Dinge erwartete. Was also jetzt? Ich hatte leider keine Lösung in meinen Händen.

    Ich drang in Frau L., daß sie augenblicklich auf ihre Familie verzichtet, denn sie würde damit den ganzen mystischen Kurs vollenden, und ich würde für andere Aufgaben freigemacht. Das war sie nicht zustande, denn ich verlangte eine augenblickliche und unmittelbare Entsagung. Ich konnte nämlich keine zwei heterogenen Sachen vermischen, und da verfiel meine Frau schon zum zweiten Male in die seelische Finsternis.

    Also stand ich sozusagen mit gebundenen Händen und konnte nur schauen, wie das Schicksal gemäß seinen eigenen Gesetzen seinen Lauf nehmen wird. Dabei klagte ich über die „erfundene mystische Entwicklung“, die auf einer gefährlichen Stelle Frau L. eingeführt hatte, und für welche ich machtlos in einer Sache stehen müsste, in welcher ich doch nur unter anderen Umständen etwas tun könnte.

    Eines Tages kam ich heim nach einem erregten Gespräch mit Frau L., das sich auf ihre absolute Loslösung von Familienverbindungen bezog, damit ich für die Lösung meiner eigenen Probleme freigemacht werde, aber da wies schon meine Ehefrau darauf hin, daß sie in eine dunkle Nacht der Sinne verfällt.

    „Die Täubchen auf dem Bild sind meine Sinne,“ sagte sie.

    Es wurde mir bange. So wollte ich daher, daß sie bis fünf zählt.

    „Eins, zwei... ich weiß nicht.“ -

    Es wurde mir noch schlimmer.

    Ich muss etwas unterhalten, bedachte ich. Und so, am nächsten Tag in der Früh, fuhren wir zu einem bekannten Psychiater, der jedoch sagte, sie haben keine Frauenabteilung.

    Ich rief daher in Brünn an, woher ich eine Antwort erhielt, wir könnten sofort ankommen.

    Morgen gürten wir unsere Lenden, die Ehefrau soll sich waschen, aber sie steckt sich Seife in den Mund, statt diese zum Waschen anzuwenden. Ich brachte sie also selbst in Ordnung und bat Dr. K., uns mit Auto zu fahren. Er versprach mir es nur auf ein Teil der Reise, wo wir schon einen Schnellzug erreichen sollten. Früher als wir zum Bahnhof gelangten, erkannte meine Ehefrau nichts mehr. Nur einmal während der langen Fahrt schoss ihr durch den Kopf: „Wohin fahren wir so lange?“

    Es hatte keinen Zweck zu antworten. Und die Situation wies offensichtlich darauf hin, daß wir mit dem Zug nicht fahren können.

    Wir kamen auf die Stelle an. Ich hatte keine Lust, Dr. B. etwas zu erklären, und so lieferten wir meine Frau auf die Psychiatrie ein.

    Während der Niederschrift saß sie apathisch gebeugt, nur zupfte sie bei Mänteln diejenigen, die herumgingen. Das waren die schwärzesten Augenblicke meines Lebens in Beurteilung mich direkt berührender Situation.

    Dann fassten sie die Anamnese ab. Ich sah: Lauter Nutzlosigkeiten. Der Seelenzustand meiner Frau war mir dermaßen bekannt, wie viel nicht einmal die Ärzte erfahren, die im höchsten Interesse für diese Krankheitsart forschen und finden etwas, was anscheinend das Wesen dieser Krankheiten erklärt. Jawohl. Es geht um eine psychische und karmische Disharmonie, die man vielleicht durch gewisse geistliche Drücke (keine Hypnose allerdings) beseitigen könnte; unter diesen Umständen würde die Krankheit restlos und ohne ungünstigen Reaktionen in anderen Organismusteilen geheilt. - Und der Patient?

    Die Diagnose lautete, es gehe um die Psychose auf der depressiven Basis. Aus dem karmischen Gesichtspunkt ist dies das schrecklichste, wovon ein beliebiger Mensch ereilt werden kann. Tod in solchem Zustand heißt gleichzeitig eine Auslösung aus dem Kosmos.

    Kommst du denn, Frau, die bisher mit mir ein gemeinsames Leben geführt hattest, zurück aus dieser abgrundtiefen Kluft, aus welcher mir die Rückkehr unmöglich scheint? So lange warst du mit dem Schmerz umgegangen, zu dem dich etwas unveränderliches getrieben hatte, bis du dorthin versankst, wohin du nicht zu versinken verdientest. Und ich stehe hier machtlos, was auch immer für dich zu tun, denn ich weiß, daß die niedrigere Einheit sich entweder freiwillig, oder unfreiwillig, der höheren Einheit fügen muss.

    Ich muss dich in die Hände der Ärzte legen, obwohl ich ihnen nicht traue, weil sie daraus, was sie sehen, zu der Ansicht gelangen, der Mensch sei ein bloßer Mechanismus, dessen einzuölende Bestandteile glitschig werden nach einigen Pillen, oder in diesem Falle - durch Elektroschocke. Es schaudert mich vor diesem Dilettantismus, der eine Wissenschaft sei, weil sie ab und zu auf dem Kehrichthaufen des menschlichen Lebens ein paar unmittelbare, aus dem universalen Gesichtspunkt jedoch problematische Erfolge aufheben mag...

    Wir sind jedoch in der Menschenwelt, und ich könnte in dieser Situation auch nichts anderes tun, als deine Seelenkomplexe durch elektrische Spannung zertrümmern. Und so lasse ich dich hier, meine Frau, im guten Glauben, daß dich die Ärzte so gut wie ausbessern, was mir schließlich auch Gott bekräftigt...

    Dann kam ich heim mit einer heranreifenden Überzeugung, daß ich mich anders als bisher einrichten müssen werde. Den Haushalt hinterließ ich „der Luft“ und meiner Mutter, die ich unter diesen Umständen zu mir berief, und ich begann meinen, auf verschiedene Weise regen Yoga auf einer anderen Stelle.

    Etwa in drei Wochen seit der Zeit, als ich meine Ehefrau nach Brünn geführt hatte, fuhr ich sie besuchen. Zwei Krankenpfleger schoben sie vor sich aus der Saaltür zu mir auf den Gang vor, und sie ging im Schauder vorwärts. Sie erkannte mich nicht, nur in Geistesblitzen, aber da blickte sie um sich, griff nach meinen Händen und schrie auf: „Sie prügeln mich hier.“ (Elektrotherapie – Schocke).

    Dr. B. sagte mir, es habe keinen Sinn, sie ansehen zu kommen. Trotzdem kam ich von Zeit zu Zeit an, und so etwa nach drei Monaten begrüßte sie mich lächelnd - bei Sinnen. Irgendeine Mitpatientin sagte mir bei ganz gesundem Verstand:

    „Was denn Ihre Frau, die ist noch gut daran, aber ich...“ und dann, als ich meine Ehefrau nach Hause fuhr, erwähnte ich ihr jene Frau, und sie antwortete: „In einem unbewachten Augenblick schlug sie mit bloßen Händen das Fenster ein, und sie schnitt sich die Adern auf. So bekam sie die Zwangsjacke.“

    Mit dieser so einfach ausgesprochenen Mitteilung stach sie ein scharfes Messer vom Schmerz in meine Brust ein. Durch meinen Kopf schoss: Eine schreckliche Anstalt mit schrecklichen Patienten. Und die Schrecken betäuben jeden Patienten dermaßen, daß er ruhig sogar die grässlichsten Sachen sagt.

    Sonst wurde meine Frau reizbar. Sie geriet in Aufregung, daß ich ihr zum Fortgehen aus dem Krankenhaus das und jenes nicht gebracht hatte, vornehmlich Schmucke, nämlich den Fingerring und die Brosche. Das war bei ihr ein neuer Charakterzug, aber trotz alledem begrüßte ich ihn, weil ich von ihm erwartete, die depressiven Zustände aufzuwiegen. Sogar unterstützte ich dann diesen neuen Zug ihres Charakters, und so hatte ich zu Hause auf relativ lange Zeit „eine große Frau“. Aber später hörte auch dies auf.

    Einige Jahre nach der Krankheit begann sie erneut des Wertes von ihrem mystischen Herzen bewusst werden, so daß bei ihr wieder die Voraussetzungen für die Fortsetzung des Realisationsvorgangs klar wurden, welcher unterbrochen wurde durch die Einmischung in „meine Mystik“ von Eifersucht, die nur deshalb auftreten konnte, weil während der so kurzen Zeit zwischen dem Anfang ihrer Realisation und dem Entstehen von alledem, worauf sie reagierte, die Blume der geistlichen Vollkommenheit, die sie in sich trug, nicht reif werden konnte. Der tatsächliche Feind war für sie also die Zeit...

    Ich selbst begann seit der Zeit dem Daheim auszuweichen. Ich machte von ihm nur einen Ort meiner Besuche. Ich erachtete nämlich für vernünftiger, die Ehefrau in stürmischen Wellen der dauernden Einsamkeit zu lassen. So wirkte die Einsamkeit auf sie ein, aber auch das ist schon besser. Es ist nämlich möglich, daß meine Anwesenheit zu Hause in den Schlussfolgen noch schlimmer wäre, und ich wollte mich nicht mehr überzeugen, ob ich richtige Folgerungen ziehe. Apropos, nach einiger Zeit, als bei ihr die chronische Nervenanzündung in oberer Halswirbelsäule - so genanntes cervicocraniales Syndrom mit der sekundären Ergreifung der Adern vom Gehirnstamm und vom Kleinhirn - das Atemzentrum anfiel, empfahl Dr. B. den Wechsel zu beschleunigen und hierdurch gleichzeitig das, was ihren relativ guten Zustand wesentlich aufbesserte. Sie wurde nach diesem Eingriff ruhiger, und auch begann sie sich an die Einsamkeit zu gewöhnen. Etwas wie eine innere Festigung fing an mich zu berühren, als ich sie zufällig bei Meditationen bezüglich ihrer Seelenverfassung untersuchte.


    Frau L. war mystisch ständig im Fortschritt. Sonst geschah nichts bedeutsames, bis einst:

    Ich wohnte irgendwo im Blockhaus. Mit Frau L. und anderen Freunden verabredeten wir eine Zusammenkunft in Königgratz, wohin sich Frau L. aus Krankenhaus einstellen sollte, wo sie wieder eine Badekur machte. Das sollte am Sonntag sein. Aber am Freitag nachmittags fühlte ich mich müde, und so legte ich mich nieder. Auf etwa zwei Minuten schlief ich ein und träumte. Im Ort, wo ich bei der ersten Realisation sieben brennende Kohlenhaufen gesehen hatte, traf ich Frau L. im schlechten Aussehen, wie sie mir sagte: „Also, jetzt gehe ich ins Krankenhaus, und dann wird es schon gut sein.“

    „Gehst du auf die Klinik in Königgratz?“, fragte ich an.

    Sie schüttelte einigermaßen düster den Kopf und - ich wachte auf.

    Als ich schon auf war, befiel mich eine große Unruhe. Am liebsten wäre ich zu ihr in den Kurort gefahren, aber ich wollte nicht ihre Entrüstung erregen, daß ein fremder Mann eine verheiratete Frau im Kurort besucht. Darum wartete ich unruhig auf den nächsten Tag, auf Samstag, an dem ich nach Königgratz um einen Tag früher fuhr, als ich sollte, und zwar wegen Unruhe.

    In Königgratz besuchte ich einen Freund in seinem Amt und sprach einen Zweifel aus, daß Frau L. zurückkommen könnte, denn ich hatte einen ungünstigen Traum. Aber da telefonierte schon Dr. K., daß Frau L. nicht ankommt, weil sie ein Fieber hat. Sie kommt vermutlich in einigen Tagen an, fügte das Telegramm hinzu.

    Ich bat Dr. K., in den Kurort mit Auto zu fahren, er soll sofort den Wagen vorbereiten, und ich komme mittlerweile mit Obus an...

    Wir fuhren, und mir schien jede Geschwindigkeit zu niedrig. Nun waren wir schon im Kurort. Ich lief schnell in die Wohnung der Frau L., aber sie war nicht mehr dort. Ich erfuhr, daß sie nach Hause mit einem Sanitätskraftwagen fortgebracht worden war.

    „Wir fahren ihr nach“, sagte ich Dr. K. Und sofort starteten wir. Irgendwo bei N. überzog sich der Himmel mit dichten Wolken. Eine Weile darauf machten Regengüsse die Sichtbarkeit der Fahrbahn unmöglich. Trotzdem fuhren wir weiter. Dabei entschloss ich: Dieses Wetter ist symbolisch. Und dann passte ich schon den Himmel auf. Auf der linken Seite war wörtlich eine Wand von schwarzen Wolken. Ich schloss daraus, daß wenn sich diese über uns umwalzen, geht es um eine tödliche Krise. Und da fielen schon Regenströme aus diesen Wolken auf das linke Wagenfenster.

    Aber die Wolken wälzten sich über das Auto auf die andere Seite nicht um. Im Gegenteil, vor uns erschien, anstatt der drohenden Wolken, die uns aus allen Seiten umrangen, ein gewisses helleres Loch.

    Ich beobachtete es und verglich mit dem Zustand der Wolken auf der linken Seite des Wagens. Die helle Stelle blieb weiter dort, und als ob diese mit uns die Geschwindigkeit halten möchte - sie war dauernd vor uns.

    Ich sprach eine gewisse Hoffnung aus. Nur daß auf den sehr guten Vorboten ständig/immer (weiter) regnete. Darum war ich nicht im geringsten mit dem Sachverhalt zufrieden.

    Wir fuhren den letzten Abschnitt der Reise. Der helle Fleck, der uns etwa 50 oder 60 km begleitete, wurde bedeutungslos. Der Regen hörte nämlich auf, und etwa nach zehn weiteren Kilometern tauchte im Westen heiterer Himmel mit ruhigen Linien von gelben und später rötlichen Wolken auf.

    Ich schloss: Frau L. mag es aushalten...

    Dann kamen wir auf die Stelle an. Ich stürzte in die Wohnung, fragte, wo die Patientin liegt und ging schnell hin... Vierziggradige Fieber. Das Bewusstsein hatte sie jedoch unverhüllt. Angeblich wurde ein Arzt gerufen. Ich wütete: „Was kann ein blöder Arzt tun! Es ist am besten sie in Ruhe zu lassen.“

    Herr L. sondierte meine Ansicht. Ich sagte: „In Ruhe lassen, das ist das beste, was man für sie tun kann.“ Und ich dachte daran, daß während zweier Tage mit ihrem Leben vorbei wäre, und das brächte auch Ruhe auf den Himmel meines Schicksals.

    Herr L. begann eine resolute Stellung zu nehmen, aber sagte nichts. Ich bedachte, daß wenn ich an meinem Entschlusse festhielte, würde er meine Wut provozieren, die seine völlige Vernichtung im geistigen Sinne des Wortes bedeuten könnte. Ich musste daher unter mehreren Übeln wählen, und so - wurde Frau L. ins Krankenhaus geführt.

    Nach Überfuhr ins Krankenhaus trafen bei ihr enorme Schmerzen aus einer aufgebrochenen inneren Geschwulst ein. Sie erkannte nun aus Erfahrung, daß meine Warnung, daß der Tod dem Yogi den bereits errungenen Sieg entreißen kann, auf einer Erfahrung beruhte. Und sozusagen versunken in Schmerzen, musste sie Phantome bekämpfen, die ihr eine Macht und verschiedene magische Fähigkeiten anbaten.

    Lassen wir jedoch sie selbst darüber erzählen:

    „Es waren unerträgliche Schmerzen. Aber noch schlimmer war, daß mir das innere Licht schwand, das mir teurer war als alles übriges. Und so schlossen sich zu den Schmerzen auch Befürchtungen an, die Gefahr vom Verlust der geistigen Werte hießen. Somit wurde mein Leiden doppelt. Nur ein Funken Hoffnung, daß ich diese Krise überlebe, machte mich innerlich stark, denn ich sah mich - gleich am Anfang der Krankheit - dreiundzwanzig Leitersprossen aus dem Grab hinaufsteigen, über dem Trauerbänder flatterten. Während dieser Krise, bei deren sich der Schmerz von mir selbst trennte und die wirklich den Höhenpunkt am dreiundzwanzigsten Tage erreichte, stand ich plötzlich mit ablehnender Stellung der Hände vor einer ganzen Reihe von unsichtbaren Geschöpfen, die mir magische Kräfte und verschiedene Geschenke anbaten. Endlich verspürte ich eine innerliche Entspannung, wachsend bis zum inneren Jauchzen, das ständig von großen physischen Schmerzen begleitet wurde, und ich erlangte die Sicherheit, daß ich meinen Kampf gewann, obwohl meine Krankheit immer weiter dauerte.“

    Ich forderte aber auch in diesem Sachverhalt, daß sie die Besuche von ihrem Ehemann und den Kindern ablehnte, andernfalls sage ich mich los und ziehe zurück ohne Rücksicht auf die tatsächliche geistige Gefahr. Das war sie jedoch nicht mal trotz meine Drohungen imstande, und nur sehr schwer ertrug sie, daß ich sie in Prüfungen stürze.

    Ich hielt mein Wort und zog mich daher zurück; ich litt aber beim Gedanken, daß ein so machtloser Mensch durch so genannte Liebe von Mitglieder seiner Familie um „einen geistigen Kristall“ beraubt sein kann, der bisher nicht stabilisiert oder in seinem Körper selbst nicht eingefügt wurde.

    Wirklich. Ob der nach dem höchsten geistigen Sieg strebende Yogi seine äußeren Angelegenheiten nicht so organisieren kann, so daß die ihm nahen weltlich veranlagten Menschen oder Verwandten in der Zeit seiner Wehrlosigkeit oder Machtlosigkeit durch ihre Gefühle aus ihm die geistigen und göttlichen Qualitäten nicht saugen, verliert er dann seine Schlacht um die geistige Befreiung, denn er sündigte durch die Abgabe dieser Qualitäten über diese Leute in die Welt. Es ist nämlich eine hohe sittliche Verbindlichkeit der Yogis, die entwickelten geistigen und göttlichen Qualitäten vor jeder Entwertung zu schützen, und das sogar um den Preis der vollkommenen Entsagung und Vereinsamung. Andernfalls auferlegt er sich eine Verdammnis, unter deren die üblich lebenden Leute wehklagen, die durch alle, sogar die höchsten geistigen Werte ihres Daseins und Lebens durch weltliche Bemühungen und Tendenzen verschwenden. Hinsichtlich dessen kann man nicht die geistigen Bemühungen von Askese trennen.

    Aufgrund dieser Erkenntnis blieb mir allerdings nichts anderes übrig als sich von Frau L. entfernen, aber doch nur konnte ich irgendwo in einem fernen Blockhaus alle meine Kräfte zu ihrer Rettung anspannen, zur Rettung eines Menschen, dem es an erforderliche Lebenserfahrungen auf den Wegen der Mystik mangelte.

    Später gelang es mir auf irgendeine Weise - ich erinnere mich nicht mehr auf welche - daß die Familienglieder die Patientin mit ihrer Liebe nicht mehr belästigten.

    Da handelten wir schon mit Dr. K. von ihrer Aufnahme auf die Klinik, wo ich eine bessere Diagnose ihres Gesundheitszustandes voraussetzte. Und so, eines Tages, nach dreiundzwanzig Tagen der kulminierenden Krise und Schmerzen, begleitete ich sie in einem Sanitätsauto zur Klinik. Sie befand sich in einem sehr schlechten Zustand mit der Diagnose vom suspektiven Krebs.

    Das Glück war uns nicht hold. Der Arzt-Assistent, der uns vor etwa zwei Tagen versprochen hatte, die Patientin aufzunehmen, war selbst bei einer Operation. Aus dem Grunde musste sie eine schmerzhafte Untersuchung durchmachen, und dann wurde sie auf eine „unsaubere Abteilung“ gelagert. Aber da ging die Krise schon zurück, und so wurde die Patientin endlich ohne Operation wegen allgemeine Erschöpfung freigelassen.

    Belehrt von alledem, was eben vergangen war, drängte ich darauf, daß sie sich gleich wie ich einstellte: Aus dem Daheim eine Besuchstelle zu machen.

    Ich fuhr sie weg in ein altes Hegerhaus, das sich auf der „Enklave“ befand, und übernahm persönlich die Sorge für sie in psychischer sowie mystischer Hinsicht. Meines Erachtens war es nämlich nötig, noch viel zu tun für ihre mystische Vollendung, und endlich begann in meinem Bewusstsein wieder der Gedanke an die Realisierung der „Lehreübertragung“ aufzutauchen, welcher im Wirbelsturm der bisherigen Ereignisse einigermaßen in Vergessenheit geraten war.

    Frau L. musste sich aber an mein Beisein gewöhnen. Meine Einwirkung erschöpfte sie und reizte ihre Nerven dermaßen, daß sie häufig begehrte, sich zu entfernen oder sogar Reißaus zu nehmen. Ich meinte jedoch meinen Eingriff in ihr Leben sehr ernst, und so litt sie. Ich setzte voraus, daß es um vorübergehende Reaktionen auf meine Wirkung geht, und deshalb wollte ich auf dem Sachverhalt nichts ändern.

    Ihr Gesundheitszustand wurde langsam, sehr langsam besser. Fortwährend griffen in ihn hypertonische Krisen und viele schwere Herzbeschwerden ein, die man gewöhnlich sehr schwierig erträgt. Ich war hingegen zufrieden, wenigstens in dem Maße, daß ich von ihren Krisen nicht gestört wurde, nicht mal aus dem Schlaf.

    In dieser relativen Ruhe begann ich mein viertes Buch über die Mystik zu schreiben.

    Nur daß nicht mal diese relative Ruhe sehr lange dauerte. Während einer Reise für Milch verfolgte mich jemand, dann erkundigte er nach mir beim Heger, der ausschloss, daß ich das sein könnte, und daraus ergab sich eine Schlussfolgerung, daß außer mir sich im Hegerhaus ein Spion versteckt. Hinter die Wahrheit kommen wollten die Männer, die weltliche Macht vom allüberwindenden Sozialismus unterstützten, nämlich die Forstarbeiter. Einmal fragten sie mich: „Sagen Sie uns, warum einmal ein Schornstein und zum anderen Male der zweite raucht?“ Ich erwiderte, daß einer aus der Küche führt und der andere aus dem Zimmer von Frau L.

    Sie konnten nicht begreifen, daß auch solche „verwickelten“ Sachen in der Welt vorgehen könnten. Und hierdurch wurde noch stärker der Verdacht, daß der Spion mit Sicherheit im Hegerhaus ist, und von mir oder von uns beiden geschützt wird. Sie hielten daher Wachen um das Haus, vergruben sich in Reisighaufen, die nahe beim Zaun lagen, und vergeudeten die wertvolle für Schlafzeit durch Bewachungen. Einst mal durchstöberten sie in unserer Abwesenheit jede Ecke des Hegerhauses.

    Der „Spion“ war jedoch sehr raffiniert; er benützte die Tauglichkeit, unsichtbar zu werden, und das wirkte auf die tapferen Stützen des Regimes dermaßen, daß wir das Hegerhaus verlassen mussten.

    Ehe es aber dazu kam, war Frau L. wieder schlecht geworden. Das Fieber stieg erneut auf 40 Grad. Der Arzt empfahl, daß sie wieder ins Krankenhaus ginge. Und so musste sie sich einer Operation unterziehen, bei deren sie eine weitere Erfahrung gewann, daß man das Geisteslicht unter einer tödlichen Krise verlieren kann...

    Dann gelang es mir mit Hilfe der Freunde sie auf eine neue Stelle zu bringen, wo wir nur eine kürzere Zeit verweilten, und in der übrigen Zeit wechselten wir das Daheim mit dem Aufenthalt bei Dr. K., wo die Patientin in greifbarer Nähe der ärztlichen Hilfe war...

    Der Herbst war wieder da. Der Gesundheitszustand von Frau L. war schlecht, und alles kulminierte wieder in einer Operation, von deren der Professor auf der Chirurgie erklärte, sie war erfolgreich. Sie bestätigte keinen Krebs, und das spendete ein wenig Hoffnung für einen mystischen Fortschritt, der sie ferner von der Stelle des vernichtenden Karmas brächte, das unaufhörlich im Widerstand war...

    Erfahrungen, die sie während der letzten drei Jahre gewonnen hatte, führten sie als ein überzeugendes Argument zum Problem von wahrem Verzicht. Während dieses Entscheidens sah sie sich kniend; bei ihr lagen gewisse Fesseln, von denen sie sich befreite.

    Zu der Zeit schritt ich bergauf zum Heim. Aber die Straße verschwand. Statt dieser gab es hier ein Schlachtfeld. Weit und breit auf dem dunklen, von Dünsten voriger Schlacht satten Feld lagen zerstreute Körperreste der Maros, und es gab keinen lebenden Kämpfer hier. Aber irgendwoher aus dem Raum hinter den Barrikaden, Schanzen und Horizont trat ein gekrönter Maro. Er stieg auf das Plateau aus mit Würde eines alten Monarchen, und mit ihm die Militärsuite. Und plötzlich ging mir ein Licht auf: Das Schlachtfeld, wie die Dinge nun mal liegen, ist mein Werk. Da blickte „der König der Maros“ schon mich an, aber ich interessierte ihn nicht. Er sondierte nur den Umstand des Kampfplatzes und gab Befehle. Und ich hielt für schlimm, daß ich seine Befehle in meinem Bewusstsein nicht auffangen konnte, denn, wie ich feststellte, der König der Maros verfügt über dieselbe Fähigkeit wie ich: Er weiß, seinem eigenen Sinn seine Worte zu verbergen; hier wandte er diese Fähigkeit vor dem Feind an. Dann verschwand er samt seiner Suite, und ich schritt weiter den Heimweg und sah nichts anderes außer der trockenen Wirklichkeit.

    In meinem Sinn begann eine Unsicherheit aus der neuen Situation zu lohen: Kein Kämpfer von des Maro Truppe traf mich zu vernichten; alle lagen auf dem Schlachtfeld erschlagen. Darum kam der König der Maros, um eine andere Kampfstrategie zu wählen. Und das ist für mich eine sehr böse Situation.

    „Gehe ich nun wirklich in keine raffiniert gestellte Falle hinein?“, Beklagte ich mich in diesem Sinne bei Frau L., die jedoch ein Vertrauen in meine Gewandtheit aussprach. Da sie aber Erfahrungen mit der Tötung vom Herrn B. hat, war ich davon nicht mal erbaut.

    Später, ohne daß bedeutsame Ereignisse vorgekommen waren, stellte sich mir der neue Maro, stark und kampferfahren, vor. Im Hinblick auf die vorhergehenden Erfahrungen entschloss ich mich zu einer aktiven Verteidigung. Ich benützte die Methode, daß ich in ihm mit Hilfe der Vorstellung Licht sah, mit welchem der Brahma selbst strahlt, denn ich war überzeugt, daß man nur auf diese Weise dem Hüter der Schwelle die Waffen aus der Hand schlagen, die auf uns einwirken können als sein Angriff aus dem Hinterhalt und als verschiedene Tücken, die man nicht sieht oder nicht voraussetzt.

    Doch ist aber etwas böses darin. Ich beschwerte mich schon, daß weil der Hüter der Schwelle - Maro mit des Brahmas Helle beschenkt wurde, sind die Leute beraubt um die Möglichkeit den Teufel von Gott zu unterscheiden. Ich selbst kenne den Teufel. Ich kämpfte mit ihm in allen seinen Formen, und weil ich das Geruchsgedächtnis entwickelt habe, erkenne ich ihn immer sofort nach seinem Gestank. Aber wonach erkennen ihn die Leute? Ich wünsche die Zeit zu erreichen, wo ich - ob mit oder ohne Schwierigkeiten - mit meinen Fäusten den Maro, der mit derselben Helle wie der Brahma selbst strahlt, in einen Abgrund hinabstoßen könnte, wo sein Körper wieder das natürliche und seinem Charakter entsprechende Schwarz aufnehmen würde, das schon auch den Leuten ermöglicht, die von viel kleinerer Unterscheidungsfähigkeit bewaffnet sind, ihn vom Gott zu unterscheiden. Und etwas wie Gott selbst sagt mir, ich erlebe den Augenblick...

    Es wäre daher eine irrige Meinung, daß Maro (das Böse) immer nur ein verbissenes Gesicht hat. Manchmal zeigt er sich nur als eine personifizierte Emanation vom Dasein, dessen Tendenzen in die Materie gerichtet sind; in diesem Falle bedeuten die Schwellenwächter eine Existenz, die jedem unreifen Geschöpf den Eintritt ins Absolute verwehrt als in ein Gebiet, wo das Geschöpf alle Glückseligkeitszustände erlebt, die den überkörperlichen Geschöpfen gehören, die sittlich und physisch nicht degeneriert sind.

    Wenn ein Mensch beginnt, nach der Realisation des Zustandes der im Absoluten siedelnden Geschöpfe zu streben (als im unbeschränkten Raum), ist er nie frei von Verwandtschaftsverhältnissen mit den Leuten, deren Leben sich durch eine Unterwerfung von sich selbst unter die Spannungen der Natur oder in der Natur auszeichnet. Aufgrund dessen führt sein Streben vor allem zu Ausstrahlungen der Lebenskräfte als Ideen, die sich personifizieren. Und da es zwischen dem anstrebenden Individuum und allen anderen Menschenwesen eine Verwandtschaft auf der atavistischen Basis gibt, gewinnt auch die Personifikation der durch ihn ausgestrahlten Lebenskraft einen verstärkten Einfluss auf alle Menschenwesen.

    Das heißt, daß der Mystiker - nur deshalb, weil er bisher als ein Mensch nach der Erlösung sehnt und innerlich ruft - einen Schwellenwächter bildet, dessen Funktion darnach bedeutsam ist, wie weit und kompromisslos er nach der Erlösung als ein bisher weltlicher Mensch gerufen hatte. Ruft er mächtig, so erzeugt er eine geistige Macht, die alle traditionellen Teufel aufzehren und schließlich aufgrund dessen sich in ein mächtiges geistiges Geschöpf umgestalten kann, das den Entkommensweg aus dem Samsara in Nirwana besetzt und dadurch ein Versucher aller Geschöpfe wird, die durch geistige Anstrengung dem Samsara entkommen möchten.

    Was mich anbelangt, durchging ich einen wahren Sturm von Sehnsucht und Rufen nach dem Licht der Wahrheit und innerer Freiheit. Aufgrund dessen riss ich eine Unmenge Energie von der menschlichen Welt, um diese im Akt von Rufen und Sehnsucht auf die Grenzen vom Samsaro und Nirwana zu werfen, denn ich stammte aus dem Samsaro, und den Zustand vom Nirwana ahnte ich. Aus dem Grunde erzeugte ich als meinen Hüter einen mächtigen Schwellenwächter. Und dann erkannte ich, daß mein Wesen, das ich erlösen wollte, nicht nur ein psychisch-physiologisches System ist, welches mein Körper darstellte, sondern, aufgrund der Verwandtschaft mit den Menschenwesen, fast alles, was es gibt. Aus dem Grunde stand ich als Macht gegen Macht, wobei ich den Wächter der Schwelle für mein eigenes Hindernis halten musste. Von diesem Augenblick an begann ich auf einer breiteren Front zu kämpfen, wobei die Menschheit in diesem Kampf in einen Zustand von meinen bestimmten Seelenkomplexen einfiel.

    Ich glaube, daß ich diese Disharmonie ausgleiche, denn jetzt, wo ich an mir schon das Alter fühle, dämmert es mir als eine Vorstufe endloser Freiheit der Frieden eines nichtswollenden, nach keiner Sache sehnenden und bis zur eiskalten Gleichgültigkeit zufriedenen Menschen auf.


    Nach Entscheidung von Frau L., auf alles so zu verzichten, wie die dem Nirwana zustrebenden Yogis entsagen müssen, lebt es sich mir immer besser. Die großen seelischen Drücke und Spannungen wurden kleiner, und ich entschloss mich die Lehre zu formulieren. Ich begann „Das Gespräch der Götter“ und „Das Geheimnis von Tibet“ zu schreiben, und wiederum „Die Stimme der Stille“ zu kommentieren, die ich vorher schon speziell für Frau L. kommentiert hatte, denn sie schritt meiner Meinung nach eben diesen Weg. Ich wollte dazu die Kommentare überarbeiten, denn indem mir Frau L. eine „Große Bestätigung“ auf dem Yogaweg gebracht hatte, sie schien mir auch eine günstige Gelegenheit dafür, den suchenden Menschen die Mystik aus einem tieferen Gesichtspunkt zu zeigen...

    Ob es mir gelang, in meinen Schriften die Mystik zu erklären, müssen diejenigen beurteilen, die den ganzen Kurs vom indischen Yoga oder die Praxis vom Mahajana durchgingen. Die theoretische mystische Ausbildung ist zur Beurteilung durchaus unzureichend. Das Leben selbst ist nämlich aus keinen Formeln zusammengestellt, sondern es wächst und entwickelt sich aus inneren Voraussetzungen, die höchst individuell sind, und diese können die scheinbar leblose Geistigkeit zum Bereich von ursächlichen Wirklichkeiten zu machen, das heißt von solchen Wirklichkeiten, die äonenlang wachsen und schließlich in eine objektive Realität heranreifen können.

    Was mich selbst betrifft, hatte ich nie das Problem, ob die innere, das heißt Gefühls- oder Gedankenwelt, wahrhaftig oder rein abstrakt sei. Ich hielt sie immer für eine Welt, die qualitativ jünger ist als die materielle, für die Welt, die sich auf dem Gefilde der „Wirklichkeit“ immer bemerkbar machen kann, wenn wir ihr genaue Formen einprägen. Nie verfiel ich einer Überzeugung, daß das physische Leben primär und das seelische sekundär sei, und ich weiß, daß diese meine Erkenntnis nur vor der objektiven Feststellung der empirischen Wissenschaft kommt. Zum Beweis Sachlichkeit der wahren Mystik stützte ich mich immer hauptsächlich darauf, daß ich ohne Schule die Bildung gewonnen hatte, und ohne empirisches Studium wissenschaftliche Erkenntnisse. Und ob das Schicksal mit mir so spielte, daß ich mich durchschlagen musste aus dem trostlosen Zustand eines Kindes der allerärmlichsten und dazu noch schlecht gerichteten Familie bis zum Zustand eines intellektuell gut orientierten Mannes, dann um so um so mehr heil

dem Yoga,

der Lehre, die mich als ein unermesslicher und weiträumiger Quellbrunnen vom köstlichen Trinkwasser errettete, mich, einen Menschen, verdunstenden vor dem bereits maßlosen geistlichen Durst, und zwar eben im Wildnis der sittlich, intellektuell und wirtschaftlich desorientierten Welt.

    Ich kann daher hinzufügen: Ich erlebe den Ruhm eines Yogis, der sich bis zu Höhen der Geistigkeit emporgearbeitet hatte, auf denen erst sich das geistige Fühlen verkoppelt und konkretisiert, wodurch sich dann das theoretische und philosophische Fundament der Lehre bildet. Hierdurch gelangt allerdings auch das ganze Leben auf eine solidere Basis von psychologischen, sittlichen und individuellen Richtlinien, denn die Lebensprüfungen verloren ihre erzieherische Bedeutung. Aber etwas wesentliches gibt es hier doch nur. Ich stelle nämlich fest, daß die karmischen Dispositionen nicht nur der Mensch selbst bestimmt, sondern auch diejenigen, die seine Taten beurteilen als Personen, die sein Tun berührt. Aus dem Grunde lebe ich nicht in der Ruhe, die vermeintlich den tierisch vollkommen erloschenen Menschen erteilt ist, sondern ich werde nur von drei für mich wesentlichen Tatsachen berührt:

    1. Von mystischen Vorgängen, die sich nicht mehr auf meine Person beziehen, sondern auf die „Dinge rund um mich“ - das führt eigentlich zur Aufdeckung der feinsten Formen von „Geistigkeitsdrücken“, durch welche alle Schicksalsvoraussetzungen der Individuen, (nämlich Karma), gestaltet werden.

    2. Von der philosophischen und theoretischen Vervollständigung des Lehrensystems, was allerdings aus dem sämtlichen vorhergehenden Lebenserfahrungen kommt und auch daraus, daß ich coram me einen Mystiker heranreifen sehe, der schon die Grenzen der sehnenden Leuten überschritten hatte, und der sich jetzt dort befindet, wo man nur die mystisch außerordentlich erfahrenen Menschen finden kann.

    3. Von Drücken, die aus dem Innen- und Gesundheitszustand meiner Ehefrau kommen, denn, als ich auf den Weg des „Großen Einweihungsgebers“ trat, verfocht ich die Ansicht, daß man das Gute nicht zum Nachteil von etwas machen darf, sondern nur so, daß wir zu einer Wohltat eine zweite, dritte und immer weitere angliedern.

    Diese drei wesentlichen Fakten machen meine Situation bisher kompliziert, und da berücksichtige ich nicht mal eine, im äußeren Sinne bedeutsame Sache - nämlich meine politische Signierung, die das Interesse der Geheimpolizei auf meiner Person bestimmt... Jawohl, du Mystiker, der diesen Lebenslauf lesen wirst. Es scheint mir, daß der momentane Karmastand der Welt die „Große Erlangung“ nur mit für Menschen untragbaren Schwierigkeiten zugibt. Es mag auch nur meine Theorie sein. Aber dahinter steckt diese meine Lebenserfahrung. Mein großer Weltverzicht und die Ausrichtung in die geistige Welt wurde immer mit Verdacht seitens anderer Leute begleitet. Die weltlichen Leute sahen mich immer als einen unbeholfenen Menschen an, wogegen die Mystiker als einen schlechten Menschen. Sie erwiesen mir ihre Feindschaft nur als einen Beweis dafür, daß ich nicht normal sei in Verfluchung der Leute und des Schicksals auf einer Seite und des frommen Seufzens nach Sinnenlüsten auf der anderen. Ja. Ich verzichtete auf die Welt und setzte mir vor den Augen als das höchste Ziel wesenhaftes Erlöschen, und darum jubelte ich nicht mit denjenigen, die in der Welt glücklich sind, weder fluchte ich mit den am Schicksal Betroffenen, noch seufzte ich mit denjenigen, die darin eine Frömmigkeitsbezeigung sehen und in Wirklichkeit sie damit solche oder andere Sinnenlüste äußern. Eher schwieg ich und wurde dafür verdächtigt. Ich stand und bisher stehe im Verdacht der weltlichen Menschen sowie der so genannten Mystiker, und das leitete mich dazu an, sogar auf das Bedürfnis eines Steines zu vergessen, auf welchen ich mein müdes Haupt legen könnte. Und daher verzichtete ich auch auf diesen weltlichen „Komfort“ und so gelangte ich dazu, daß ich die Blume der geistigen Vollkommenheit wachsen und stärken sehen kann, die nicht mehr für mich bestimmt ist als ein Symbol von etwas, was mir gehört, sondern als eine Realität, deren Wurzeln in die Erde einwachsen, und diese Erde stellt die anderen Leute, meine Freunde, die sehnen die Lehre aufzunehmen, dar.

    In diesem Zusammenhang tritt in mir eine Hoffnung auf, daß es mir sicherlich gelingt, die Lehre zu übertragen, denn ich erblicke sie im tiefsten Sinne bei Frau L. zustande zu kommen, die ich ständig vor den Augen habe. Früher konnte in mir diese Hoffnung nicht herausgehen. Die Voraussetzung der Übertragung und hiermit auch der Einhaltung der Lehre ist ja ein absoluter Weltverzicht, das heißt ein solcher, unter dessen Drücken die Person bis zum Selbstbewusstsein als „Ich“ schwindet, und ich sah diese Tat keinen von denjenigen vollbringen, die sich zu mir beigesellt hatten. Eben diese Tatsache erweckte in mir eine pessimistische Ansicht und sogar eine Beklommenheit hinsichtlich der Einhaltung der mystischen Lehre.

    Es war wie eine dunkle Nacht, reichlich bestrahlt von Blitzen schlimmer Vorboten, die daraus ausstiegen, weil das mystische Problem bei den Leuten mit dem Interesse um die Mystik eine Erlangung von erfreulichen Momenten war, die rein weltliche Genussmenschen in Trinken vom Alkohol, Tanz oder anderen gesellschaftlichen Unterhaltungen finden. Nur auf solche „Mystik“ stieß ich, und deshalb die Niedergeschlagenheit, die schließlich durch die Feststellung gewechselt wurde, daß es auch jemanden gibt, der die Mystik als eine Lehre begriff, die vor allem den Verzicht auf alles, sogar auf sich selbst, erfordert. Und das ist meine Dämmerung in der dunkelsten Nacht vieler anderer Umständen.

    Vielleicht mag es vielen der Leute zu wenig scheinen. Wenn sie jedoch bedenken, daß nahezu dreißig vorhergehende Jahre hindurch ich auf kein anderes Bestreben stieß als auf ein solches, das helfen soll, zu dem bisherigen auf Erlebnissen aufgebauten Leben noch etwas weiteres zugeben, so werden sie sicherlich begreifen, daß es zuviel ist, nur einen einzigen Menschen zu finden, der seine Bemühungen auf wahrem Verzicht gründet. Erst hiermit lässt mich diese Wirklichkeit, und außerdem noch die Sorge, die ich meiner Ehefrau widmen will - ob sie schon die ganze Problematik meines Lebens begreift oder nicht - immer deutlicher das Ziel sehen, das mich stets soviel lockte, das Ziel, welches für mich einen Untergang meiner wesenhaften Existenz auf der Stelle bedeutet, wo nur eine Helle verbleiben darf...

    Wirklich. Ich sehe nicht mehr, daß man das Bösen durch das Guten ausgleichen muss, sondern die Dunkelheit durch die Helle. Und ob es mir der Ausgleich des Bösen durch das Wohl relativ einfach scheint, finde ich dieses Streben auch zwecklos. Der Anstifter des Übels ist nämlich die Finsternis, und daher ist es besser, den Anstifter zu vernichten eher als sein Werk. Aber das ist so genannter „Großer Weg“. Diesen kann sorglos nur derjenige schreiten, der sich vollkommen entpersönlicht hatte, keineswegs in Augen anderer Menschen, sondern auf der Ebene seines Bewusstseins. Und das ist ein großes Werk. Wenn es nur viele Leute vollbringen könnten. Nur mit Hilfe dieses Werks können sie nämlich auf die Ebene der Großen Mystik gelangen, wo die Person weggelöscht wird und nur als das Absolute bleibt, selbstverständlich verkörperlicht, falls der Anhänger der Großen Mystik überlebt. Nach seinem Tode bleibt nur das Licht übrig, die projizierende Kraft des Absoluten, während er – „ich“ - dasselbe wird, was man das ABSOLUTE nennt.

    Bezüglich meiner mystischen Angelegenheiten, zu denen ich in dieser Zeit gelangte, darf ich hier vielleicht sagen, daß für die Bedeutsamste ich meinen letzten Besuch im Himmel halten kann. Ich tauchte dort plötzlich eines Tages auf, aber erst dort stellte ich fest, daß ich mein Kleid schmutzig habe wie es die Maurer zu haben pflegen. Das war ein Umstand, der mich in Lauerstellung den Himmelseinwohnern gegenüberbrachte. Ich war sofort entschlossen, diesen ganzen Himmel zu verurteilen, sollte ich dem Äußeren nach beurteilt werden. Dort irgendwo im Plenum der himmlischen Einwohner saß auch meine Ehefrau, die - wie alle übrigen Einwohner dieses Himmels - achtsam folgte, wer denn dort auftauchte. Ich wollte sie nicht damit behelligen, daß sie mich erkennte, und darum verbarg ich mir mein Gesicht. Inzwischen wurde mein Kleid anders; aus dem unsauberen Anzug wurde eine Toga, die zum Schluss mit Licht und Glanz erstrahlte. Da wusste ich schon, daß ich vor meiner Ehefrau nicht erkannt sein werde, und so, als ein unbekannter Ankömmling im leuchtenden Kleid ich als ein „Bhagavan“ anerkannt wurde, dem die Himmelseinwohner ihre Ehrenbezeigung leisteten. Das befriedigte mich, denn ich stütze mein ganzes Leben hindurch auf die Ansicht, daß man die Pflichten seines Standes erfüllen muss, den er durch die faktische Geburt erhalten hatte, und - mein Stand gibt meines Erachtens keine andere Tätigkeit als die, bei deren ich mich beschmutzen muss.

    Diese ganze Geschichte mit meiner Anwesenheit im Himmel ist vielleicht um so mehr ein guter Vorbote, daß es um keinen Traum geht. Außerdem brachte ich wieder mein Bewusstsein sofort in seinen üblichen Zustand, der bedeutet, daß ich mich wie ein durchaus normaler Mensch fühle.